Lange progressive Muskelentspannung im Sitzen

Übung
Möchtest du für ein paar Minuten aktiv entspannen? Suchst du nach einer Methode, für kurze Zeit von deinem Alltag abzuschalten? Oder fühlst du dich etwas verspannt und möchtest diese Spannungen deines Körpers lösen? Dann probiere gerne diese nachfolgende Übung der progressiven Muskelentspannung im Sitzen aus.

Progressive Muskelentspannung

Die progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson ist ein Entspannungsverfahren, bei dem durch die willentliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen ein tiefer Entspannungszustand des ganzen Körpers erreicht werden soll. Dabei werden nacheinander die einzelnen Muskelpartien in einer bestimmten Reihenfolge zunächst angespannt, die Muskelspannung kurz gehalten und anschließend wieder gelöst. Die Konzentration wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung sowie die Empfindungen gerichtet, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen.

Ziel des Verfahrens ist eine Senkung der Muskelspannung aufgrund einer verbesserten Körperwahrnehmung. Mit der Zeit ermöglicht dir dieses Verfahren zu lernen, muskuläre Entspannung herbeizuführen, wann immer du dies möchtest. Zudem können durch die Entspannung der Muskulatur auch Zeichen körperlicher Unruhe oder Erregung, wie z.B. Herzklopfen, Schwitzen oder Zittern reduziert werden. Darüber hinaus können Muskelverspannungen aufgespürt, gelockert und damit Schmerzzustände verringert werden.

Durchführung der Übung

Um mit der Übung zu starten, setze dich auf einen Stuhl. Sitze ganz entspannt und lehne mit deinem Rücken locker an deiner Stuhllehne. Deine Haltung ist hierbei aufrecht, dein Kopf ruht angenehm auf deinen Schultern. Deine Füße stehen dabei sicher und bequem auf dem Boden, deine Hände liegen in deinem Schoß.

Lasse dich ganz vertrauensvoll fallen. Keiner deiner Muskeln ist angespannt. Gehe in Gedanken durch deinen Körper, spüre jeder Verspannung nach und versuche, dich völlig fallen zu lassen. Korrigiere falls notwendig noch einmal deine Sitzposition – ist alles angenehm? Gib dir selbst ungefähr zwanzig Sekunden Zeit, um anzukommen.

Atme nun einige Male tief ein und aus. Spüre den Atem in deine Nase einströmen. Fühle, wie sich beim Einatmen deine Bauchdecke hebt und lasse dich bei jedem Ausatmen etwas tiefer in die Entspannung fallen. Sage dir nun innerlich: „Ich mache jetzt meine Entspannungsübung. Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit ganz bei der Übung.”
Im Folgenden beginnen die Muskelanspannungen und -entspannungen. Bitte bedenke, dass du die Muskeln nicht so stark anspannst, dass es weh tut. Du solltest die Muskeln nur so fest anspannen, dass du es als anstrengend empfindest.

Erste Muskelgruppe

Wandere mit deiner Aufmerksamkeit zu deinem rechten Arm. Wie fühlt sich der rechte Arm im Vergleich zum linken Arm an? Wie fühlt sich die rechte Hand im Vergleich zur linken Hand an? Lasse einige Sekunden vergehen, um dir dieser Körperteile bewusst zu werden. Balle dann deine rechte Hand zur Faust und spanne gleichzeitig alle Muskeln des rechten Armes an. Beuge dazu den rechten Arm ein wenig. Halte die Anspannung und spüre sie im ganzen Arm. Atme dabei jedoch normal weiter.

Halte diese Anspannung für etwa fünf Sekunden. Löse dann mit der nächsten Ausatmung die Anspannung im rechten Arm und der rechten Hand. Fühle die fortschreitende Entspannung in deinem ganzen Arm und jedem Finger. Genieße den Unterschied zur Phase der Anspannung und gehe mit deiner Aufmerksamkeit durch den ganzen rechten Arm bis in die Fingerspitzen hinein. Was fühlst du in der Entspannung? Ein Kribbeln, Wärme, Leichtigkeit, Schwere oder Kälte? Es ist auch gut möglich, dass du gar nichts fühlst. Genieße nun für etwa 10 Sekunden, dass dein rechter Arm jetzt ganz entspannt ist.

Wandere nun mit deiner Aufmerksamkeit zu deinem linken Arm. Wie fühlt sich dieser im Vergleich zum rechten Arm an? Lasse dir einige Sekunden Zeit, um in diese Körperregion hineinzuspüren. Balle dann deine linke Hand zur Faust und spanne gleichzeitig alle Muskeln dieses Armes an. Beuge dazu den Arm ein wenig und halte dort die Anspannung, während der Rest deines Körpers nicht angespannt ist. Atme normal weiter, während du für etwa fünf Sekunden die Anspannung hältst.

Löse mit der nächsten Ausatmung die Anspannung in Arm und Hand wieder. Fühle die fortschreitende Entspannung in deinem ganzen Arm und den Fingern. Erfreue dich am Unterschied zur Phase der Anspannung und gehe mit deiner Aufmerksamkeit durch den ganzen linken Arm bis in die Fingerkuppen hinein. Fühle die tiefe Ruhe, die sich in deinem linken Arm ausbreitet. Genieße für einige Momente lang, dass deine beiden Arme jetzt ganz entspannt sind.

Zweite Muskelgruppe

Wandere nun mit deiner Aufmerksamkeit zum Kopf und spüre einige Atemzüge in dein Gesicht hinein. Fühle dabei deine Stirn, Kopfhaut, Nase, Wangen, Lippen, Zähne und deinen Kiefer.

Spanne nun dein ganzes Gesicht an: Runzle die Stirn, kneife die Augen zusammen, krümme die Nase, ziehe den Mund auseinander und drücke die Zähne aufeinander. Halte die Anspannung im ganzen Gesicht und spüre etwa fünf Sekunden in die Anspannung hinein.

Entspanne anschließend mit der nächsten Ausatmung dein ganzes Gesicht wieder: Deine Stirn, deine Nase, deine Lippen, deinen Unterkiefer. Spüre, wie sich die Entspannung im ganzen Gesicht ausbreitet und wie dein Gesicht wieder frisch durchblutet und vitalisiert wird. Fühle, wie sich auch deine ganze Kopfhaut entspannt. Gib dir ein paar Augenblicke lang Zeit, um die Entspannung an deinem Kopf zu genießen.

Dritte Muskelgruppe

Du kannst nun mit deiner Aufmerksamkeit abwärts zu Nacken, Schultern und Brust wandern. Spürst du hier schon Entspannung oder kannst du irgendwo noch Verspannungen ausmachen? Wie verhält sich dieser Bereich zu den schon entspannten Armen oder deinem Gesicht? Fühlst du hier Unterschiede zwischen den Körperregionen? Gib dir wieder einen kurzen Moment Zeit, um in dieser Körperregion anzukommen.

Drehe deinen Kopf nun nach rechts bis du ein Ziehen im Nacken spürst und neige das Kinn zur Schulter. Spüre die Anspannung in Hals und Nacken und halte sie für 5 bis 10 Sekunden.

Komme mit dem nächsten Ausatmen langsam mit dem Kopf wieder zur Mitte zurück und verweile hier für einen Moment. Drehe dann den Kopf ganz nach links und neige wieder das Kinn zur Schulter. Halte und spüre auch hier die Anspannung für etwa 5 bis 10 Sekunden.

Komme langsam mit dem Kopf wieder zur Mitte zurück und spüre, wie die Entspannung in deinen Hals und Nacken strömt. Fühle das sich ausbreitende, angenehme Gefühl und genieße es für etwa 10 Sekunden lang.

Komme jetzt zu Schulter und Brust. Ziehe deine Schultern nach unten sowie hinten und spanne gleichzeitig Schultermuskulatur und Brustmuskulatur an. Halte die Anspannung für 5 bis 10 Sekunden, strenge dich dabei ruhig ein wenig an.

Lasse wieder los und entspanne den Schulter- und Brustbereich. Lasse die Schultern einfach fallen, wandere mit deiner Aufmerksamkeit durch deine rechte Schulter, zu deiner linken Schulter, zu deiner Brust. Fühle das wohlige Gefühl der Entspannung und vertiefe die Entspannung mit jedem Ausatmen.

Vierte Muskelgruppe

Gehe nun weiter zu deinem Rücken. Fühle deine Wirbelsäule, spüre deine Rückenwirbel und versuche auch den unteren Rückenbereich zu erspüren.

Ziehe nun kräftig die Schulterblätter zurück, bis ein Hohlkreuz entsteht, spanne den Rücken an und übertrage die Anspannung auch auf den unteren Rücken und den Bauch. Halte die Anspannung kräftig. Merkst du, dass die Anspannung beim Einatmen größer ist als beim Ausatmen? Halte die Anspannung wieder für 5 bis 10 Sekunden.

Entspanne dann deinen Rücken und Bauch wieder. Genieße das wohlige Gefühl. Bleibe achtsam und wandere konzentriert mit deiner Aufmerksamkeit durch deine Rücken- und Bauchregion und erspüre, ob sich noch irgendwo Anspannung finden lässt. Mit jedem Ausatmen vertieft sich die Entspannung, genieße sie wieder für einige Augenblicke.

Fünfte Muskelgruppe

Wandere nun weiter runter zu deinem Gesäß und zu deinem Becken. Wandere fühlend durch diesen Bereich und gib dir wieder einen Moment Zeit, um in dieser Körperregion anzukommen.

Spanne dann kräftig deine Gesäß- und Beckenmuskeln an. Spanne auch deinen Schließmuskel an. Halte die Anspannung für 5 bis 10 Sekunden lang.

Lasse dann wieder los und entspanne dein gesamtes Gesäß sowie dein Becken. Was fühlst du, wenn sich dieser Bereich wieder im Fluss befindet? Löse auch noch die letzte Anspannung auf und entspanne wieder mit jeder Ausatmung etwas tiefer.

Sechste Muskelgruppe

Wandere jetzt mit deiner Aufmerksamkeit zu deinen Beinen und Füßen. Spüre zunächst wieder, wie sich deine Beine und Füße anfühlen. Vergleiche das rechte Bein mit dem linken. Lassen sich Unterschiede feststellen? Gehe mit diesem Vergleich durch deinen Körper nach unten bis zu den Fußsohlen.

Beginne dann mit der Anspannung wieder im rechten Bein und Fuß. Spanne deinen rechten Oberschenkel sowie Unterschenkel stark an und möglichst umfassend auch deinen rechten Fuß. Krümme dazu deine Zehen nach vorne und presse den Fuß in den Boden.

Halte die Anspannung und lasse sie mit der nächsten Ausatmung komplett los. Wandere geistig vom Oberschenkel bis zu den Fußspitzen und lasse jede Anspannung los. Dein rechtes Bein wird ganz schwer und sinkt bei jeder Ausatmung etwas tiefer. Genieße diese Entspannung wieder für einige Sekunden lang.

Spanne anschließend dein gesamtes linkes Bein an: Den linken Oberschenkel, Unterschenkel, krümme deine Füße. Halte und spüre die Anspannung wieder für etwa 10 Sekunden.

Löse die Anspannung mit der nächsten Ausatmung wieder völlig auf. Spüre, wie sich in deinem linken Bein eine angenehme Entspannung ausbreitet. Dein linkes Bein ist bis in die Fußspitzen hinein wohlig warm und schwer. Mit jeder Ausatmung vertieft sich dieses Gefühl.

Finale Entspannungsphase

Dein ganzer Körper ist nun vollkommen entspannt. Mit jeder Ausatmung gleitest du tiefer in die Entspannung hinein. Spüre diesem wohligen Gefühl nach: In deinen Füßen, deinen Unterschenkeln, deinen Oberschenkeln, deinem Gesäß, dem Beckenbereich, dem Bauch, dem Rücken, den Händen, den Unterarmen, den Oberarmen, der Brust, der Schulter, dem Nacken, dem Hinterkopf, der Stirn, den Augen, der Nase, den Lippen und der Kieferpartie.

Fühle nun deinen ganzen Körper in tiefer Entspannung. Bleibe aufmerksam für alles, was in das Feld deines Bewusstseins tritt, seien es Gedanken, Gefühle oder Körperempfindungen. Verweile mit deiner Aufmerksamkeit ganz im Hier und Jetzt und genieße diesen angenehmen Zustand ein paar Minuten lang.


Diese Übung ist nun zu Ende. Komme somit langsam wieder in deinem Körper an. Atme etwas tiefer ein und fange an, deine Arme und Beine zu strecken. Öffne allmählich deine Augen wieder. Sage dir: „Ich bin nun wieder ganz erfrischt , erholt und freue mich auf den weiteren Tag.” Versuche, das Entspannungsgefühl auch nach dieser Übung zu bewahren und in den Rest des Tages mitzunehmen.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Kassel

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